Deutsche Dialekte sterben in Ungarn aus
Welchen Stellenwert hat die deutsche Sprache in Mitteleuropa? Mit dieser Frage beschäftigten sich am Wochenende zahlreiche Fachleute aus verschiedenen Ländern. Unter dem Titel „Das Erbe der deutschen Sprache in Mitteleuropa“ hatten drei Organisationen zu einem Symposium in das Haus der Ungarndeutschen in Budapest geladen: Die Jakob Bleyer Gemeinschaft (JBG), der Verband der volksdeutschen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ) und das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa). Den Eröffnungsvortrag hielt Csaba Földes, Professor an der Universität Veszprém, zur Lage der deutschen Minderheitensprache in Ungarn.
Ein wichtiges Stichwort dieses Themas war die Dialektalität, denn die Urform der deutschen Sprache in Ungarn ist der Dialekt. Die bekannteste Siedlungsmundart ist der donauschwäbische Dialekt, doch entgegen der allgemeinen Annahme machen die schwäbischen Dialekte nur zwei Prozent der in Ungarn gesprochenen deutschen Mundarten aus, die Mehrzahl spricht bayrische oder fränkische Variationen. Doch im Laufe des Vortrags wurde klar, dass diese Zahlen nicht darüber hinweg täuschen können, dass gerade jüngere Generationen kaum noch ungarndeutsche Ortsdialekte oder Hochdeutsch sprechen. Die meisten von ihnen lernen als Muttersprache Ungarisch, Mehrsprachigkeit von Klein auf gibt es kaum noch.
Aufgrund dieser fortgeschrittenen Sprachumstellung bei Ungarndeutschen gibt es laut Csaba Földes besonders häufig sogenannte Sprachkontaktphänomene. Damit werden Ausdrucksformen der Alltagssprache bezeichnet, bei denen beide Sprachen gemischt werden, also ungarische Sätze mit deutschen Einschüben oder umgekehrt. Für Sprachwissenschaftler ergeben sich daraus oft unglaubliche Kombinationen. Die dabei zu Tage tretende Sprachkreativität ist systemlinguistisch mit dem „Denglisch“ vergleichbar, eine heute besonders in der Wirtschaft anzutreffende Mischung aus Deutsch und Englisch.
Carolin Salvamoser |