Kitelepítési emlékünnepély 2006 Budaörsön

Staatspräsident entschuldigte sich bei vertriebenen Schwaben

Mit einer deutschsprachigen Gedenkmesse, zelebriert vom Fünfkirchner Diözesanbischof Michael Mayer, in der Wuderscher katholischen Kirche begann die Festveranstaltung der Enthüllung des Landesdenkmals zur Vertreibung der Ungarndeutschen am 18. Juni in Wudersch/Budaörs.

In seiner Predigt sprach Bischof Mayer darüber, welch wichtige Rolle Fronleichnam im christlichen Leben spiele – die Wuderscher waren schon immer für ihre wunderschönen Blumenteppiche, die zu diesem Anlaß gefertigt werden, bekannt – und daß es gerade der christliche Glaube war, der den Heimatvertriebenen, die bis nach Südamerika oder nach Kanada geflüchtet sind, Halt und Kraft gab, die Erprobungen durchzustehen. Bischof Mayer würdigte auch den Willen zur Versöhnung, der bereits 1950 in der bekannten Charta der Heimatvertriebenen zum Ausdruck kommt. Bei der musikalischen Gestaltung der Messe wirkte der Sanktiwan-Werischwarer Chor unter der Leitung von Franz Neubrandt mit, der auch Orgel spielte. „Als Staatspräsident entschuldige ich mich bei den vertriebenen Schwaben und ihren Familien für das ihnen widerfahrene Unrecht und die Ungerechtigkeit und verneige mich vor dem Denkmal der Erinnerung der Vertriebenen in der Hoffnung, daß die Ungarndeutschen hier wieder zu Hause sind“, heißt es in dem Schreiben von László Sólyom, das anläßlich der Einweihung des Landesdenkmals der Vertreibung am Sonntag, in Wudersch/Budaörs verlesen wurde. „Die Vertreibung der Ungarndeutschen war lange Zeit ein Tabuthema. Nach der Wende haben wir sofort anerkannt, daß die Verschleppung der Ungarndeutschen ab 1944, die darauf folgenden Internierungen und die Aussiedlung eine Reihe von rechtswidrigen und ungerechten Maßnahmen darstellt, daß die Schwaben unschuldig gelitten hatten. Das Verfassungsgericht annullierte die Gesetze über die Kollektivschuld vom Jahre 1945. Jetzt sind wir bereits dabei, die historischen Fakten zu erschließen, wodurch die damaligen Ereignisse nach und nach auch öffentlich zur Kenntnis gelangen“, schreibt der Staatspräsident. „Allerdings konnte im öffentlichen Bewußtsein in Ungarn nie die Auffassung Wurzeln schlagen, daß die Vertreibung der Schwaben durch die von der deutschen Armee und von der deutschen Besetzung verursachten Kriegsleiden gerechtfertigt gewesen wäre. In der Verordnung vom Jahre 1945, aufgrund der die Volksbundmitglieder und diejenigen, die ihren deutschklingenden Familiennamen wieder aufgenommen hatten, zu Landesverrätern und volksfeindlichen Verbrechern erklärt wurden, ging es um die Konfiszierung von Grund und Boden. Das zeigt, daß die Vertreibung in erster Linie aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte“, geht aus dem Schreiben von Sólyom hervor. […]

Otto Heinek […] enthüllte zusammen mit Friedrich Zimmermann das Denkmal aus Stein und Bronze. Anschließend segneten Kardinal Primas Péter Erdô und Dechant Dániel Krähling das Denkmal.
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Botschaft des Staatspräsidenten László Sólyom zur Einweihung der Gedenkstätte „Vertreibung der Ungarndeutschen“ am 18. Juni im Alten Friedhof von Wudersch

Sehr verehrte Erinnerungswillige!
Durch das heutige Gedenkfest erlangt die Menschlichkeit wieder ihre Rechte. Die Vertreibung der Ungarndeutschen war lange Zeit tabu. Nach der Wende haben wir dann sofort anerkannt, daß die Verschleppung der Ungarndeutschen von 1944 an, die darauf folgenden Internierungen und die Vertreibung eine Reihe von rechtswidrigen und ungerechten Maßnahmen dargestellt, daß die Schwaben unschuldig gelitten hatten. Den Vertriebenen stand auch Entschädigung zu, und das Verfassungsgericht annullierte die Gesetze über die Kollektivschuld vom Jahre 1945. Jetzt sind wir bereits dabei, die historischen Fakten zu erschließen, wodurch die damaligen Ereignisse nach und nach auch zur allgemeinen Kenntnis gelangen. Allerdings schlug im öffentlichen Bewußtsein in Ungarn nie die Auffassung Wurzeln, daß die Vertreibung der Schwaben durch die von der deutschen Armee und von der deutschen Besetzung verursachten Kriegsschäden und Kriegsleiden gerechtfertigt gewesen wäre. In der Verordnung vom Jahre 1945, aufgrund deren die Volksbundmitglieder und diejenigen, die ihren deutschklingenden Familiennamen wieder aufgenommen hatten, zu Landesverrätern und volksfeindlichen Verbrechern erklärt wurden, ging es um die Konfiszierung von Grund und Boden. All das zeigt, daß die Aussiedlung in erster Linie aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte: zum einen war die Vergrößerung des staatlichen Bodenfonds für Bodenverteilungszwecke, zum anderen die Unterbringung der aus den Nachbarländern nach Ungarn geflüchteten, bzw. nach Ungarn übersiedelten – ebenfalls vertriebenen – Ungarn beabsichtigt. Eine derartige Lösung der Probleme geht aber – wie István Bibó schon damals hervorhob – mit solchen moralischen Schäden einher, die größere Verluste verursachten, als der wirtschaftliche Wert der geraubten Güter. Es ist auch keine Entschuldigung für die Vertreibung der Schwaben, daß die Siegermächte den Schlüssel zur Stabilität in ethnisch homogenen Staaten sahen; wie auch das nicht, daß auch andere Staaten Mitteleuropas die Möglichkeit nützen wollten, um die ethnischen Minderheiten loszuwerden, und daß es sogar einen Staat gibt, der die damalige Entrechtung und Vertreibung der Nationalitäten bis heute für rechtmäßig und gerechtfertigt hält. Wir müssen uns heute hier eben gegen die Mentalität einsetzen, die Verfügungen über das Leben von Menschen zuließ, als ob es sich um Gegenstände gehandelt hätte; die Aussiedlungsquoten in Hunderttausenden, die Anzahl der zu bestrafenden Menschen, die Größe der zu konfiszierenden Häuser und Felder für jede Ortschaft im voraus vorschrieb. Das geschah alles unmittelbar nach Kriegsende, als das Menschenleben und generell auch der Mensch entwertet wurden. Heute ist die Renaissance der Menschenrechte in der Nachkriegszeit als durch den Nazismus und die Grausamkeit des Krieges ausgelöste Gegenwirkung schon eine Prüfungsfrage in der Schule. Das ist im allgemeinen zweifelsohne auch wahr – kann aber nicht alles abdecken, was dennoch geschah; was keine neue geistige Einstellung darstellte, und was sich während der kommunistischen Herrschaft in den fünfziger Jahren fortsetzte.
István Bibó konstatierte in den damaligen Jahren voller Schmerz, daß sich die Gesellschaft dessen nicht bewußt war, was passiert war und was passierte, daß das richtige Maß fehlte. Damit, daß wir heute der Bloßgestellten und Vertriebenen gedenken, verlassen wir hoffentlich die Welt der Unpersönlichkeit. Die Parlamentsbeschlüsse, die Urteile des Verfassungsgerichts und die Verurteilung der Kollektivschuld sind nämlich zwar wichtig, diese sorgen jedoch nur dafür, daß diese Angelegenheiten juristisch geregelt werden. Sie allein vermögen aber nicht, die Seelen der Menschen zu befrieden.
Anfang der achtziger Jahre drehte Filmregisseurin Lívia Gyarmathy einen Dokumentarfilm über die Hochzeit eines aus der Bukowina ausgesiedelten Tschangojungen und einer Schwäbin aus Schomberg, zu der auch die ausgesiedelten Verwandten aus Deutschland in ihre Heimat zurückfuhren. Im Film beschworen die nach dem Krieg ausgesiedelten deutschen Familien aus zwei Nachbardörfern im Komitat Baranya und die am Ende des Krieges eingesiedelten Tschangofamilien ihre Geschichten herauf, sie erzählten über das Unrecht, das ihnen geschah und das heute immer noch in ihren Seelen brennt. Ich vergesse nie, wie der alte Schwabe oben vom Hügel mit zitterndem Finger auf das Dorf zeigt: „Das da ist mein Haus.“ Er weiß, wer darin wohnt, und er wünscht ihm nichts Böses. Was geschehen ist, kann nicht ungeschehen gemacht werden. Er selbst hat sein Leben bereits in Deutschland verbracht, mit ewigem Heimweh im Herzen. Ich denke dennoch, daß man etwas gutmachen kann, wenn man sich wieder dem Persönlichen, der Achtung der einzelnen Menschen und der Selbstachtung zuwendet. Diese Gedenkstätte schafft einen Ort, wo man hingehen kann, um sich zu erinnern, über das Schicksal nachzudenken, zu trauern, an dem man aber auch Kraft schöpfen kann. Mehrere Kinder von meinen Schulfreunden und Bekannten nahmen ihre alten deutschen Familiennamen wieder auf. Sie sind zahlreich, und das ist sehr erfreulich. Ich als Staatsoberhaupt Ungarns verneige mich deshalb vor dem Denkmal der Ungarndeutschen und entschuldige mich bei den ausgesiedelten Schwaben und ihren Familien für das ihnen widerfahrene Unrecht und die Ungerechtigkeit in der Hoffnung, daß die Ungarndeutschen hier wieder zu Hause sind.
Aus: Neue Zeitung, Budapest, 16.06.2006 – 50. Jahrgang, Nr. 25