Geschichte von 1900 bis 1944

 

1900

Anzahl der Volksschulen mit deutscher Unterrichtssprache 383; weiterführende Schulen haben nur die Siebenbürger Sachsen (7 Gymnasien, 2 Realschulen) > 67% der Deutschen können schreiben und lesen, was aber nicht bedeutet, dass sie deutsch schreiben und lesen können (1910 sind es 70%, bei den Ungarn sind es 61 bzw. 67%). Ungarische Landwirtschaft um die Jahrhundertwende

1906

Gründung der Ungarländischen Deutschen Volkspartei,Vorsitzender ist Dr. Ludwig Kremling aus Werschetz/Banat. Ihre Arbeit wird durch die ungarische Regierung behindert. > Bei den Parlamentswahlen von 1910 kann sie kein Mandat erringen.

1907

Lex Apponyi: Das Gesetz legt u. a. fest, dass die Lehrer der Nationalitätenschulen in 4 Jahren ungarisch lernen müssen, ihre Schüler müssen sich nach der 4. Klasse schriftlich und mündlich ungarisch verständigen können. > Verletzung der Gefühle der Nationalitäten [Der verweigerte Unterricht in der Muttersprache]

1910

Die Deutschen sind im ungarischen Parlament nur durch die Siebenbürger Sachsen vertreten. 44% der Fabrikarbeiter sind Nichtungarn. Von allen Völkern Ungarns sind die Deutschen am höchsten alphabetisiert: Männer 86%, Frauen 78,7%. Von den 2 037 000 Deutschsprachigen sind 71,5% r. k., 21,1% ev., 1,3% ref. und 10% israelitisch. Von 1899 bis 1913 sind aus Ungarn 232 591 Deutsche nach Übersee ausgewandert. Von der Landwirtschaft lebten damals 36,2% der UD (die eine Hälfte davon waren Kleinbauern, die anderen Mittelbauern). 17,69% waren Handwerker, Händler und Fuhrleute. [Siehe dazu auch die Diagramme Abnahme der Nationalitäen von 1880 bis 1910 und Völker der Länder ungarischen Krone1851 und 1910!]

1917

In ganz Ungarn gibt es nur 447 Volksschulen mit deutscher Unterrichtssprache, davon gehören 254 den Siebenbürger Sachsen. Nur sie haben weiterführende Schulen (8 Gymnasien, 6 Realschulen, 2 Lehrerbildungsanstalten) > Zunahme des muttersprachlichen Analphabetentums außerhalb Siebenbürgens

1918

Ende des I. Weltkriegs > König Karl IV. dankt am 11. Nov. ab. > Am 16. Nov. wird im Parlament die unabhängige Volksrepublik Ungarn ausgerufen. Zahl der Donauschwaben von 1918 bis 1999

1919

Am 8. Januar beschließen die Siebenbürger Sachsen den Beitritt zum Königreich Rumänien. Am 18. Januar nimmt Ministerpräsident Berinkey selbst die Vorbereitungen für die Regelung der Selbstbestimmung der in Ungarn lebenden Nationen in die Hand. 29. Januar: Gesetz über die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes des deutschen Volkes in Ungarn; Am 3. Februar wird Johann Junker zum deutschen Minister ernannt. 21. März: Die Ungarische Räterepublik wird ausgerufen. Am 6. August wird die Räterepublik gestürzt. Am 15. August wird Jakob Bleyer – der Wortführer der ungarndeutschen Bewegung – Minister ohne Geschäftsbereich in der Friedrich-Regierung. Sein Amt übte er bis zum 16. Dezember 1920 aus.

1920

Vor Trianon gründet Jakob Bleyer die Deutsch-Christliche Wirtschaftspartei [DCWP] (ung. Német Keresztény Gazdasági Párt); Frieden von Trianon1 (4. Juni): Ungarn muss 67.3% (190263 km2) seiner Landesfläche (CS: 22,3%, RO: 36,2%, YU: 7,4%, A: 1,4%) und 58,4% (10,7 Mio.) seiner Bevölkerung an die Nachbarländer abgeben. Von den 1,9 Mio. Deutschen bleiben im Trianon-Ungarn nur 555 000 übrig. [Siehe dazu das Diagramm Die Völker Ungarns vor und nach Trianon!] Von den 1,35 Mio. Ausgegliederten leben 557 000 in Rumänien, 308 000 im Königreich der Südslawen, 265 000 in der Tschechoslowakei, 216 000 im Burgenland/Österreich. [Siehe dazu Die Ungarn im Burgenland und die Deutschen in W-Ungarn – Über die Ödenburger Volksabastimmung]

1921

Bei der Wahl kommen Bleyer und acht seiner Gefährten als Vertreter der Ungarndeutschen (UD) ins Parlament. > Nationalitätenfeindliche Stimmung > Die DCWP verliert an Bedeutung. Über die Rolle der Assimilanten

1922

Bei der erneuten Wahl kommt kein unabhängiger Ungarndeutscher mehr ins Parlament, nur als Vertreter der SDP.

1923

Schulgesetz für die Minderheiten: 3 Schultypen (A: deutsche Unterrichtssprache, Ungarisch Pflichtfach, B: deutsche und ungarische Unterrichtssprache (50:50), C: Deutsch nur Pflichtfach neben der ungarischen Unterrichtssprache; Die Wahl des Schultyps überlässt man der – leicht manipulierbaren – Elternversammlung. > 75 % Typ C!)

1924

Gründung des Ungarländischen Deutschen Volksbildungsvereins (UDV): 1. Vorsitzender Gustav Gratz(ehem. Außenminister und Vertrauensmann der Regierung), 2. Vorsitzender Jakob Bleyer. Letzterer gründet als Vereinszeitung das Sonntagsblatt. > Gründung von Ortsvereinen des UDV > Wegen der Behinderungen und Anfeindungen kann der UDV maximal 27 500 Mitglieder werben.

1928/1929

Wegen der Jahre langen Hinhaltepolitik der Regierung bei der Umsetzung des Minderheitenchulgesetzes spricht Bleyer von bewusster Sabotage. > Unterstützung der deutschen Minderheit seitens der Weimarer Republik (u. a. Finanzmittel für die 1929 gestarteten Deutsch-Ungarische Heimatblätter (1935 eingestellt) und Stipendien für Ungarndeutsche zum Studium in Deutschland und Österreich)

1931

Der österreichische Vizekanzler Schober setzt sich für die Rechte der UD ein. Bei den Parlamentswahl im Sommer erringt – von den Volksdeutschen – wieder nur Bleyer ein Mandat. Sein Wahlkampf wird vom deutschen Auswärtigen Amt finanziert.

1932

Die neu gebildete Regierung Gömbös (1932-1936) ist in ihrer Außenpolitik deutschfreundlich, aber gleichzeitig will sie die Unterstützung der UD durch Deutschland unterbinden. Demarche des deutschen Botschafters in Budapest gegen die Unterdrückung der UD (1. Dez.).

1933

30. Januar: Machtübernahme der Natinalsozialisten in Deutschland; Bleyer hofft darauf, „dass wir von dem ungarischen Nationalismus eine offene Stellungnahme erzwingen können.“ 11. August: Deutschland anerkennt Bleyer als Wortführer der UD, sieht aber keine Möglichkeit, zugunsten der UD einzugreifen. Gömbös bekräftigt gegenüber Bleyer, dass er keine Einmischung von außen duldet. Bleyer wird wegen seiner Parlamentsrede, in der er die fortschreitende Assimilierung der UD geißelt (Abnahme der UD um 12,3%: 1930-1932 lassen sich 1 426 Militärangehörige, 1933 5 465 sonstige im Staatsdienst stehende UD madjarisieren, nachdem erheblicher Druck auf sie ausgeübt wurde.) [Siehe dazu das Diagramm Assimilierung der Deutschen in Budapest!] und seines Geheimtreffens mit Rudolf Hess in München heftig angegriffen. Bleyer erhofft sich die Lösung der Probleme vom Nationalsozialismus. Er verstirbt unerwartet am 5. Dezember… > gegensätzliche Meinungen innerhalb der UDV-Leitung > Spaltung der volksdeutschen Bewegung > Gründung der Volksdeutschen Kameradschaft (enge Beziehungen zum Deutschen Reich > finanzielle Unterstützung; eigene Zeitung Deutscher Volksbote) > s. 1938

1934

Gömbös macht in einem Brief an Hitler den Vorschlag, die schulische Angelegenheiten der UD nach den Vorstellungen Deutschlands zu ordnen, falls eine deutsch-ungarische Zusammenarbeit in Minderheiten-Fragen zustande komme, und wenn die Einmischung in die Angelegenheiten der UD von außen aufhöre. (Hitler antwortet nicht auf den Brief.)

1935

R. Huß und F. Basch gründen die Neuen Heimatblätter.

1938

26. November: Gründung des Volksbundes der Deutschen in Ungarn (VDU), sein Leiter wird Franz Basch; Im Gegensatz zum passiv arbeitenden UDV tritt der VDU offensiv auf und gründet viele Ortsgruppen. Rezension: Der Volksbund der Deutschen in Ungarn

1939

Im Oktober gibt Hitler seine Pläne, die „volksdeutschen Splittergruppen“ in die eroberten polnischen Gebiete umzusiedeln, bekannt.

1940

Nach Basch zählt der VDU bereits mehr als 31000 Mitglieder. Nach Schätzung der ung. Regierung sind es 24 000 Familien mit 70 000 Personen. 30. August: Das Volksgruppen-Abkommen von Wien zwischen Deutschland und Ungarn regelt die Tätigkeit des VDU. Zunehmender Einfluss der Nationalsozialisten auf den Volksbund > bis Kriegsende nur noch ihr Befehlsempfänger

1941

Über die Volkszählung 1941 (in Englisch) und Vertreibung Ungarndeutschen nach dem 2. Weltkrieg; Aufarbeitung des Missbrauchs der Volkszählung von 1941:  mehr

1942

Vom 5. Februar bis 3. April läuft – mit Genehmigung der ungarischen Regierung – die erste Werbeaktion für die SS. Von den 25 709 Gemusterten, sind 17 860 tauglich. Davon verlassen bis 3. Mai 16 527 das Land.

1943

15. März: Die Treuebewegung ruft die UD (und andere Nationalitäten) zur Zusammenarbeit mit den Ungarn – im Sinne der Staatsidee des hl. Stephan – zur Rettung der ungarischen Heimat vor den Nazis auf. Da sie als Treue zur Heimat den Gebrauch der ungarischen Sprache und die Abschaffung der Nationalitätenschulen empfiehlt, findet sie bei den UD keinen Anklang. Ihr Mitgliederzahl wird auf 30 000-40 000 geschätzt. Der VDU zählt insgesamt 425 Ortsgruppen. Ministerpräsident Kállay stimmt 1942 anläßlich seines Besuches bei Hitler der Anhebung des Werbekontigents von 20 000 auf 30000 zu. > Zweite SS-Werbeaktion vom 17. Mai bis 7. September: Die Zahl der Eingezogenen wird auf 20 000 geschätzt. Auch ihnen entzieht man die ungarische Staatsbürgerschaft.

1944

Bis zum Ende der zweiten SS-Werbeaktion im Februar kommen weitere 1 000 Freiwillige hinzu. 19. März: Einmarsch der deutschen Truppen in Ungarn; 5. April: Ungarische Judengesetze werden erlassen;  14. April: Abkommen zwischen Deutschland und Ungarn über die 3. Rekrutierung (Zwangsmusterung) der UD für die SS > Ungarische Gendarmen waren bei der Rekrutierung behilflich! 15. Mai: Umsiedlung der Juden in Gettos und ihr Abtransport in die KZs nach Deutschland (ausgenommen die Budapester Juden). Rezension: Vernichtung der ungarischen Juden – Der Vormarsch der Sowjets löste im Herbst die Fluchtbewegung der Deutschen in der N-Batschka aus. Mitte Dezember evakuiert der VDU aus N-Transdanubien. Im Dezember rufen auch die ungarischen Behörden die Bevölkerung zur Evakuierung nach Deutschland auf. Etwa 5-10% der UD verlassen ihre Heimat. Die Ungarn geben die Zahl der Evakuierten mit 20 000 an. Viele von ihnen kehren schon im nächsten Frühjahr aus Österreich heim. 1948 zählt man in Österreich noch rd. 12 800 UD, die vor der Front geflüchtet sind. Die Führungsmannschaft des VDU wird im November aus Budapest nach Ödenburg/Sopron verlegt. Befehl (Nr. 0060 vom 22. Dezember) der sowjetischen Militärkommandantur in Ungarn zur Deportierung der Deutschen und Personen mit deutschen Familiennamen. Nach Unterlagen des sowjetischen Geheimdienstes waren rund 32.000 UD in die Sowjetunion deportiert worden. Die Belagerung von Budapest und die UngarndeutschenZahl der Donauschwaben (1918–1999)